Bern 2016

Abendvortrag und Stadtretreat mit Drubwang Tsoknyi Rinpoche: «Mitgefühl und Gelassenheit in der alltäglichen Ungewissheit» und «Freier Geist – Verbundenes Herz», 28.-30. Oktober 2016 

Drei individuelle Rückblicke – herzlichen Dank an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die ihre Gedanken mit uns teilen: 

Das kurze Stadtretreat mit Tsoknyi Rinpoche vom 28.-30. Oktober in Bern war für mich eine eindrückliche und berührende Erfahrung. Sie zeigte mir, was möglich wird, wenn der Lehrer aus einem völlig anderen Kulturkreis genau beobachtet, sieht, und hinhört, wie seine westlichen Schüler denken, reden, sich zeigen oder auch verstecken, und dann eine Sprache des Herzens findet, die ankommt, ohne die intellektuelle Qualität zu verlieren, dann ist der Weisheitsaspekt am Werk. Der schöne und liebevoll eingerichtete Seminarraum schuf den äusseren Rahmen für den Prozess in einem hohen Energiefeld. Rinpoches Grundanliegen die westlichen Praktizierenden zur „essence love“ zurückzuführen, legte am ersten Abend den Teppich, auf dem die tiefere Auseinandersetzung mit den Monstern, den emotionalen und mentalen Störfaktoren, in einer lockeren, heiteren und doch tief gehenden Form stattfinden konnte. Besonders berührt hat mich, wie Rinpoche am Sonntagmorgen den Übergang zum grossen offenen Raum von Rigpa gestaltete und in der Übung sicher vielen Teilnehmenden eine direkte Erfahrung ermöglichte. So endete das Seminar, auch nach guten Begegnungen innerhalb der Sangha, in der Vorfreude auf das längere Retreat im Mai 2017 im Kiental.


Das gut verständliche Seminar wurde auf Englisch, teilweise Tibetisch gehalten und in bewundernswerter Weise durch Christoph Klonk auf Deutsch übersetzt. Rinpoche hat uns mit seiner humorvollen Art zur Entwicklung von Bodhicitta angeleitet. Die Unterschiede vom Osten (basic suffering) zum Westen (high class suffering) sind hilfreich zum Verständnis. Zur Befreiung des Leidens ist eine gute Selbstakzeptanz Voraussetzung; es ist wichtig, dass man soweit kommt, sich selbst okay zu finden. Die uns plagenden ungelösten Angelegenheiten sollen als innere Monster nicht ignoriert werden, sondern ihnen soll (wenn nötig im Schmerz, mit Herzensgüte) die Hand gereicht werden, um inneren Frieden zu erreichen. Fehlwahrnehmungen, welche extra Probleme verursachen, sollen transformiert werden. Somit verbleiben die grundsätzlichen Probleme, die zum Leben gehören (krank sein, existentielle Probleme, …). Mit Liebe und Mitgefühl (Heilung und Verstehen) können wir als gesunde Menschen leben.


Es ist sehr schön essenzielle Teile des Lebens auf einfache klare und humorvolle Art zu hören. Insbesondere die Bedeutung des Verbundenseins mit dem was Rinpoche „essential love“ nennt hat mich bewegt. Die Bedeutung dessen kann meiner Meinung nach nicht hoch genug eingeschätzt werden, damit eine Orientierung gebende Instanz wahrgenommen werden kann und das Bewusstsein für Einheit wieder vorhanden ist. Das zweite Thema, welches mich sehr berührt hat, ist der Umgang mit scheinbaren Schwächen und Unvollkommenheiten. Wie schön kann es sein, wenn diese als Teil eines Selbst liebevoll akzeptiert werden und damit die Liebe und Akzeptanz zu sich Selbst entstehen kann. Beeindruckt hat mich hat mich dabei, dass diese Themen nicht zwangsläufig mit einer grossen Schwere gelehrt werden, sondern im Gegenteil mit einer Leichtigkeit, die die Ernsthaftigkeit nicht untergräbt. Die Kombination aus der Tiefe der Themen und der lebendigen Präsentation dessen hat das Seminar zu einem sehr inspirierenden Ereignis gemacht.